bpf 4 • fundstücke


fundstücke


Hans Narva

„Kommen und Gehen“ – Das Sechstädtebundfestival! und die Mandaukaserene!

Das „Kommen und Gehen“ ist ein Klassik-, aber kein klassisches Musikfestival!

Es ist Tummelplatz für lautes und mächtiges, virtuoses und rasantes, stilles und kleines Musizieren. Ob als Bühne oder Begegnungsraum, Laboratorium oder Schatzkammer: 
Das „Kommen und Gehen“ öffnet Ohren neu ‑ nicht nur für Musik. Begegnungen und schöpferische Kooperationen zwischen Musiker*innen unterschiedlicher Stile, kreative Auseinandersetzung mit dem regionalen kulturellen Erbe und aktuellen Fragestellungen, partizipative Workshop-Angebote im interkulturellen Kontext und Kooperationen mit Kultur- und Bildungsträgern der Region bieten mehr als reine Konzerterlebnisse.

Die Oberlausitz ist schon immer ein Raum des Kommens und Gehens, des Austausches von Kultur und Wirtschaft. Im 7. Jahrhundert von Slawen besiedelt, lag sie seit dem Mittelalter im Spannungsfeld polnischer, böhmischer und brandenburgisch-preußischer Interessenpolitik. Vor mehr als 650 Jahren schlossen sich Bautzen, Görlitz, Kamenz, Lauban (heute: Lubań), Löbau und Zittau zum Sechsstädtebund zusammen. So schufen sie ein bedeutendes lokales Bündnis, das einer kulturellen und wirtschaftlichen ‚Kreuzung‘ im europäischen Kulturraum gleichkam. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte brachte die Oberlausitz bekannte Persönlichkeiten hervor: Forscher wie Jakob Böhme und Rudolf Herrmann Lotze, Komponisten wie Andreas Hammerschmidt und Heinrich Marschner oder Denker wie Nikolaus Ludwig von Zinzendorf und Christian Gottlieb Prieber stehen bis in die Gegenwart für das schöpferische Potential der Oberlausitz. 

Heute ist die Oberlausitz Teil einer Kulturlandschaft im Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien in der Mitte Europas. Lebendige Städte mit historischen Altstädten, die sorbische Kultur, die Via Regia, das Zittauer Gebirge, die Nähe zum Iser- und Riesengebirge sowie die Nachbarschaft der Städte Wroclaw, Prag und Dresden machen die Region auch touristisch attraktiv. Dennoch zählt die ländlich geprägte Region wirtschaftlich zu den strukturschwächsten der Bundesrepublik und leidet unter den infrastrukturellen Folgen des demografischen Wandels. Wer hier wohnt, nimmt diese Probleme jedoch auch als Herausforderung wahr, das historische und moderne Potential der Region für eine zukunftsweisende Entwicklung ihrer Heimat zu nutzen. 

Die Wiederbelebung der Mandaukaserne ist für das „Kommen und Gehen“ – Das Sechstädtebundfestival! ein zentraler Wunsch der eigenen Kulturpolitik. Sie bietet, saniert, Möglichkeiten für Begegnungen, Austausch oder Präsentationen. Gleichzeitig ist sie Kulisse für Film, Konzert oder Illumination, Wahrzeichen und bietet mit ihren aufreizenden Türmen Ausblick, Einblick und lädt zum visionieren ein! Als Festival, dass sich der kulturhistorischen Geschichte der Oberlausitz annimmt, wäre das Bespielen der Mandaukaserne, egal ob  kulturell oder verwaltungstechnisch, ein starkes Signal in die Region und darüber hinaus! Das Zusammenführen von alt und modern, von Klassik und Pop, von geschichte und Gegenwart, dass würde in den Räumen der Mandaukaserne eine warme Aufregung erzeugen und erfahren. Als symbolträchtiges Gebäude, in alle Richtungen gewandt, könnte die Wiederbelebung der ehemaligen Kaserne auch für den Aufschwung einer Region stehen, die vor kurzer Zeit noch als Palliativgegend galt.


Micheline Richau

konzept

nach meiner Erinnerung von Prof. Uwe Altrock, präsentiert wurde es von Thomas Göttsberger 2017 ohne Nennung des Autors.

Konzept für die Revitalisierung der Mandaukaserne

Einführung

Dieses Konzept skizziert in Kürze Vorüberlegungen zur Revitalisierung der Mandaukaserne. Wegen der langen Leerstandszeit, der enormen Größe des Gebäudes und der sozioökonomischen Rahmenbedingungen in Zittau ist eine konventionelle Revitalisierung in einem Zug unwahrscheinlich. Insofern geht dieses Konzept von einer schrittweisen Wiedernutzung aus, die eine hohe Flexibilität aufweist. Wichtige Ausgangsbedingungen sind dabei die Denkmaleigenschaft und die hohe Prägnanz des Gebäudes, die eine möglichst vollständige Erhaltung und denkmalgerechte Erneuerung zur zentralen Prämisse jeder Revitalisierungsstrategie machen. Weitere bedeutende Ausgangsbedingungen stellen Standort, Typologie und Erhaltungszustand des Gebäudes dar, die wesentlichen Einfluss auf das Konzept hatten und im Folgenden näher eingeschätzt werden sollen. Vor diesem Hintergrund sieht das Konzept vor, die Kaserne zu einem Zeichen der Aufbruchstimmung in der Stadt zu machen und hinsichtlich der Trägerschaft, der wesentlichen Nutzungen, der Umsetzung und der Finanzierung eine starke Zukunftsorientierung anzustreben, die Zittau insgesamt einen wichtigen Impuls geben können. Vor diesem Hintergrund folgt das Konzept dem Motto

„Erbe bewahren – Zukunft gestalten, die Mandaukaserne als Motor und Zeichen des friedlichen gesellschaftlichen Aufbruchs im Dreiländereck“

Standortbedingungen

Die Mandaukaserne liegt in unmittelbarer Nähe, aber deutlich außerhalb der Altstadt von Zittau. Daher ist ihre künftige Nutzung so auszurichten, dass zwar die Lage im Zentrum der Stadt eine Rolle spielt, aber eine Konkurrenz zur Altstadt so weit wie möglich vermieden wird. Mit dem hervorragenden räumlichen Bezug zur Hochschule und der Brückenfunktion zwischen Zittau-Süd und der Innenstadt ist die Kaserne für den Südteil der Stadt gut für Fußgänger und Radfahrer erreichbar. Wegen ihres Umfelds ist die Kaserne ansonsten nicht unmittelbar an bedeutende fußläufige Verbindungen in der Stadt angebunden, aber wegen der sehr guten Straßen- und ÖPNV-Anbindung sowie des großzügigen Grundstückszuschnitts sehr gut für den regionalen und überregionalen Verkehr erreichbar. Insofern eignet sie sich insbesondere auch für überlokal ausgerichtete Nutzungen. Aufgrund seiner richtungsweisenden Lage auf dem Weg zum wichtigsten Grenzübergang nach Polen und Tschechien bietet sich der Bau für eine Profilierung an, die den Gedanken der internationalen Zusammenarbeit im Dreiländereck auf beispielgebende und öffentlich wahrnehmbare Weise aufgreift und umsetzt. Zwar sind in der Stadt bereits die eine oder andere Einrichtung der internationalen Kooperation in der Region vorhanden, doch sind diese in der Regel entweder klein oder sehr spezialisiert. Neben diesen Rahmenbedingungen sollte die Nähe zur Mandau und den – bislang noch kaum in Wert gesetzten – unbebauten oder wenig bebauten Flächen zwischen Altstadt und Mandau berücksichtigt werden. Diese teilweise durch die Aufgabe historischer Gewerbe- und Industrienutzungen entstandenen Bereiche weisen bis heute eine starke historische Prägung auf, wirken allerdings derzeit insgesamt wenig attraktiv und leiden überdies darunter, dass in Zittau das hochkarätige bauliche Erbe aus der Industriezeit eher punktuell spürbar, aber nicht in einen übergreifenden historisch- denkmalpflegerischen Zusammenhang eingebunden ist.

Insofern stellen anderswo in den letzten Jahren verfolgte Ansätze der Aufwertung ganzer Stadtbereiche nach dem Vorbild der „Internationalen Bauausstellung Emscher Park“ mit ihrer Verbindung von Industriedenkmalpflege, positiver Vermarktung des historischen Erbes aus der Industriezeit und Aufwertung durch attraktive Freiraumlandschaften auf sanierten Industrieanlagen auch für Zittau eine interessante Perspektive dar, in die die Mandaukaserne räumlich eingebettet werden könnte. Ein solcher Ansatz könnte Anleihen beispielsweise bei der Idee der „Route der Industriekultur“ oder der „Regionalparks“ nehmen, die im Rahmen von über Zittau hinausgehenden Initiativen im Dreiländereck aufgegriffen werden könnten. Damit hat die Kaserne, bislang vor allem als sehr monolithischer Großbau begriffen, auch Perspektiven für Nutzungen mit größerem Freizeitwert.

Trägerschaft

Zentral für den künftigen Betrieb ist die Trägerschaft. Angesichts der Bedeutung des Gebäudes für die Stadt sollte eine Trägerform angestrebt werden, die langfristig stabil ist und das Gebäude in seiner Struktur sichern kann. Dafür stellt in einer vergleichbaren Situation erfahrungsgemäß ein profitorientierter Träger nur eine der möglichen Optionen dar. Kann ein Investor gefunden werden, der das Gebäude langfristig stabil bewirtschaftet und gleichzeitig sichert, könnte dies auch einen ökonomischen Impuls durch Investitionskapital für die Stadt bedeuten. Allerdings sprechen Marktsituation, Sanierungsstand und die Erfahrungen bei der Suche nach Investoren in den letzten Jahren eher dagegen, dass ein derartiger Investor leicht zu finden ist. Eine Übernahme durch eine größere öffentliche Nutzung wäre in der Vergangenheit durchaus denkbar gewesen (Bsp. Nutzung durch den Landkreis), scheint aber inzwischen wenig realistisch. Eine öffentlich-private Partnerschaft wäre im Grundsatz denkbar, doch weist sie negative Perspektiven einer Privatisierung möglicher Gewinne bei Vergesellschaftung der Risiken auf und bietet hinsichtlich der langfristigen Stabilität der Konstellation keine erkennbaren Vorteile gegenüber einer rein privatwirtschaftlichen Lösung. Überdies ist ungewiss, ob die Stadt Zittau aufgrund ihrer schwierigen Haushaltssituation überhaupt für eine solche Lösung in Frage käme.

Vor diesem Hintergrund ist die langfristige Sicherung durch eine nichtkommerzielle Trägerschaft zu erwägen. Hierbei kommen vor allem eine Genossenschaft, ein Verein, eine gemeinnützige GmbH & Co KG oder eine Stiftung in Frage. Eine Genossenschaft eignet sich zwar sehr gut für Nutzerbeteiligung und Selbstverwaltung, weist allerdings keine so gute Flexibilität hinsichtlich einer möglichen Erweiterung der Aufgaben auf. Für die Mandaukaserne wird dieses Modell daher nicht vorrangig weiterverfolgt. Ein Verein – denkbar wären die Freunde der Mandaukaserne oder das Stadtforum Zittau – erscheint angesichts der Komplexität der Revitalisierung eines Großgebäudes eher überfordert. Eine Kommanditgesellschaft mit einer Vielzahl von Kommanditisten und einer GmbH als Komplementärin ist flexibel, bietet bei geringem Aufwand für die Gründung gute Möglichkeiten einer Selbstverwaltung durch Nutzer als Kommanditisten und die Integration von weiteren Geldgebern mit und ohne Nutzungsrecht. Darüber hinaus erlaubt sie auch die Einbeziehung größerer öffentlicher Partner als Kommanditisten. Eine Stiftung bietet zwar hervorragende Möglichkeiten einer langfristig stabilen Sicherung des Nutzungszwecks ohne Profiterzielungsabsicht, ist allerdings wesentlich schwieriger zu gründen.

Insofern wird angestrebt, für die Revitalisierung zunächst eine gemeinnützige GmbH & Co KG zu gründen, die öffentliche Kommanditisten einbezieht. Langfristig soll das Gebäude dann ggf. in eine Stiftung überführt werden.

Nutzungen

Es wird davon ausgegangen, dass das Gebäude und das Grundstück eine Vielzahl zueinander passender Nutzungen aufnehmen sollte, die in ihrer Gesamtheit dazu beitragen, es über die Zeit immer besser auszulasten.

Für das Gebäude sind dabei im Erdgeschoss eher der Öffentlichkeit zugewandte Einrichtungen vorgesehen. Das 1. Obergeschoss sollte weniger publikumswirksame, aber dennoch öffentlich zugängliche Nutzungen auf sich vereinen. Bei einem weiteren Ausbau können in den Seitenflügeln und ab dem 2. Obergeschoss eher privatere Nutzungen oder solche ohne Publikumsverkehr angeordnet werden.

Das Konzept setzt bewusst auf die Verzahnung von zukunftsorientierten Nutzungen. Diese müssen nicht von vornherein auf eine maximale Verwertung des Gebäudes angelegt sein, sondern sollen vielmehr Potentiale für eine Steigerung des Bekanntheitsgrads, der weiteren Entwicklung und der Erprobung neuer Formen des Zusammenlebens und Arbeitens aufweisen. Sie sollen sich vor diesem Hintergrund dadurch auszeichnen, dass sie stark auf eine internationale Zusammenarbeit mit Tschechien und Polen setzen, bürgerschaftliches Engagement bei Sanierung und Nutzung besonders einbeziehen und würdigen, eine intensive Zusammenarbeit mit der Hochschule, ihren Studierenden und jungen Absolventen unterstützen, einen niedrigen Ausstattungsstandard mit vielfältigen Möglichkeiten des Selbstausbaus bei geringem Nutzungsentgelt sowie flexible Raumgrößen und Veränderungen der beanspruchten Flächen bei den jeweiligen Nutzerinnen und Nutzern erlauben.

Erdgeschoss: Zentrales Element des Erdgeschosses ist die große Eingangshalle, die durch Neuausrichtung der Erschließungsbereiche entsteht. Sie kann multifunktional genutzt werden, als Foyer, Ausstellungshalle, Veranstaltungsbereich oder auch Übungsbereich. Durch zentrale Unterbringung einer größeren Kücheneinheit mit unmittelbarer Anbindung an die zentrale Halle ist diese auch für eine Bewirtung zugänglich. Räume für die spätere Einrichtung eines Cafés in der Nähe der Küche werden vorgehalten. Weiter werden in den seriellen Räumen an der Außenseite des Gebäudes unterschiedlich große Nutzungseinheiten durch das Angebot einer Zusammenlegung von Räumen ermöglicht, die für Vereine, Initiativen, Begegnungen, offene Werkstätten, Schulungen, Seminare, Beratungsstellen und kleinere Veranstaltungen geeignet sind. Dabei gilt es, eine möglichst große Vielfalt von Nutzern unterzubringen, damit das Gebäude eine hohe Attraktivität für Besucher aufweist. Zentraler Baustein für ein an interkultureller Vernetzung im Dreiländereck ausgerichtetes Konzept wäre eine Unterbringung der Geschäftsstelle der Euroregion und verwandter Einrichtungen und Initiativen im Gebäude.

1. Obergeschoss: Hier werden mehrere Räume zu jeweils einer Einheit zusammengeschaltet, die bestimmten Nutzungsschwerpunkten dienen. Diese Nutzungsschwerpunkte bilden zusammen eine starke Mischung, stellen aber schon in sich jeweils ein Nutzungsgemisch aus Wohn-, Arbeits-, Atelier-, Co-Working- und Gemeinschaftsräumen mit unterschiedlichen Anteilen dar. Eine Einheit wird als Labor für junge Gründer mit hohem einfachem Arbeits-

und Co-Working-Anteil sowie gemeinsamem Büroserviceangebot vorgesehen, die als kleines Gründerzentrum für Ausgründungen aus der Hochschule fungieren kann,

bei geringem Ausbaustandard sehr niedrige Mieten aufweist, von den Nutzern selbst weiter ausgebaut werden kann, eng mit Hochschuleinrichtungen kooperieren kann und auch die anderen Nutzungen in der Kaserne wie Küche, Veranstaltungs- und Fortbildungsräume, Wohnräume

nach Bedarf zuschalten kann. Eine Einheit wird für Künstler aus dem Dreiländereck mit hohem Atelier- und kleinerem Wohnanteil vorgesehen. Diese Einheit bezieht einen Eckturm mit ein, in dem langfristig eine kleine Einheit für einen Stadtschreiber, einen Stadtkünstler oder gemeinsame Workshops vorgesehen werden kann. Ziel ist die explizite Auseinandersetzung mit der Region über Workshops, Sommercamps und temporäre Aufenthalte unterschiedlicher Dauer. Eine Interaktion der Gründer- und der Künstlereinheit ist bewusst gewollt. Weiterhin ist eine Einheit für neue gemeinschaftliche Wohnformen vorgesehen, zu der Studenten und andere Menschen mit Interesse an gemeinschaftlichem Wohnen Zugang haben sollen. Hier sollen neben gemeinsamem Wohnen auch andere Arten des Wirtschaftens und Miteinanderlebens in einem Ort des sozialen und ökologischen Experimentierens erprobt werden.

2. Obergeschoss und darüber: Die hier für eine langfristige Nutzung vorgesehenen Räumlichkeiten sollten möglichst ohne aufwendige Grundrissveränderungen herzustellen sein. Als wesentliche Nutzungen kommen größere Einheiten in Betracht; eine Kleinteiligkeit des Nutzungsspektrums wie in den unteren Geschossen spielt keine so wichtige Rolle mehr. Bis zur Vergabe an bestimmte Nutzer können die Räume als Archiv- oder Lagerraum für die Stadt oder zur preiswerten Vermietung an private Interessenten vorgesehen werden. Es wird davon ausgegangen, dass angesichts der enorm steigenden Mieten in Ballungsräumen dort die in den letzten Jahren entstandenen Lagerräume Zug um Zug aufgegeben werden. Hier wird ein Markt für die preiswerte überregionale Vermietung von Lagerraum gesehen. Langfristig kommen für die Obergeschosse aber auch weitere Nutzer in Frage. Dazu zählt etwa ein Boarding House oder kleines Hotel für Gäste der Hochschule, von Firmen oder eventuelle andere Gäste, die über mehrere Wochen in der Stadt bleiben. Weiter ist auch eine Seniorenwohn- und Seniorenpflegeeinrichtung oder eine private medizinische Einrichtung denkbar. Für den Mitteltrakt kann je nach Aufteilung des Gebäudes ggf. ein Fitnessstudio gewonnen werden. Mittel- bis langfristig wäre zu eruieren, ob bestimmte Teile der öffentlichen Verwaltung ebenfalls in den Obergeschossen unterkommen könnten.

Das Umfeld des Gebäudes soll durch direkte Anbindung an den westlich angrenzenden Hochschulbereich, attraktive Freiflächengestaltung im straßenabgewandten Bereich im Umfeld der Sporthalle sowie einladende Stellplatz- und Vorgartengestaltung auf der Straßenseite aufgewertet werden. Dabei ist anzustreben, dass langfristig der gesamte Bereich zwischen Mandau und Altstadt in ein grünes Band mit eingestreuten Baudenkmalen umgestaltet wird, der im Nordosten an die Neißeauen und den Weinaupark angebunden wird und im Westen über Fußwegeverbindungen mit dem Westpark verknüpft wird. Langfristig wäre überdies anzustreben, das südlich des Komplexes gelegene Busdepot zu verlagern und auf diese Weise eine attraktive Anbindung an das Mandauufer herzustellen, die die Nutzbarkeit der Außenbereiche für größere Veranstaltungen im Sommer noch wesentlich verbessern könnte.

Umsetzung

Das Umsetzungskonzept setzt darauf, das Gebäude schrittweise in Betrieb zu nehmen und dabei nicht auf die Verzinsung größerer Anfangsinvestitionen

angewiesen zu sein. Für ein solches Vorgehen werden idealtypisch die folgenden fünf Phasen vorgesehen, die abgewandelt werden und ineinander greifen können.

Phase 1: Sicherung

Die Sicherung des Südturms wurde im Jahr 2016 abgeschlossen. Die Sicherung des Nordflügels, die Reparatur einzelner Schäden am Nordturm, die Reparatur einer Vielzahl von Schadstellen an allen Dachflächen wurden/werden im 1. Quartal 2017 abgeschlossen. Die Reparatur des Daches des Mittelteiles ist in Vorbereitung. Damit wird ein Stand erreicht, der die bis vor wenigen Monaten noch bestehende Gefahr eines Totalverlusts durch allmählichen weiteren Verfall vor allem durch eindringendes Niederschlagswasser abwendet. Da hierzu im Vergleich zu einer Vollsanierung keine erheblichen Aufwendungen erforderlich sind, gewinnt das Revitalisierungsprojekt hierdurch Zeit und kann ohne erheblichen Zeitdruck Schritt für Schritt weitergeführt werden.

Phase 2: Sanierung und Inbetriebnahme des Erdgeschosses

Für die Inbetriebnahme des Erdgeschosses sind zunächst elementare Sanierungsarbeiten vorzunehmen, die eine vorläufige Nutzbarkeit sicherstellen. Hierzu zählen neben einer Beräumung vor allem die Herstellung von Heizung und Sanitäranlagen im Mitteltrakt. Darüber hinaus wird zunächst ein ca. 300 m2 großer Hauptraum im Mitteltrakt mit erforderlichen Nebenräumen hergerichtet, der flexibel als Saal für Veranstaltungen oder Ausstellungen nutzbar ist. An ihn angegliedert wird eine große Küche, die flexibel für eine Bewirtung des Saals, ein ggf. später einzurichtendes Café oder zur Vermietung an Selbstnutzer im Rahmen von Seminaren oder Veranstaltungen nutzbar ist. Sobald dieser Stand erreicht ist, soll das Gebäude aktiv durch regelmäßige Events einem weiteren Nutzerkreis stärker bekannt gemacht werden. Durch die Schaffung eines einfach von der Straße erreichbaren, flexiblen und nutzungsoffenen Raumes mit geringer Ausstattung eignet sich dieser für eine Reihe von Veranstaltungen, für die sich die bisher vorhandenen, eher formell ausgestatteten Veranstaltungsräume wie etwa das Kronenkino oder das Gerhart-Hauptmann-Theater weniger eignen. Dies gilt beispielsweise für eine Bespielung durch Künstler aus dem regionalen Raum, Fotoausstellungen, thematische Flohmärkte u.ä., Parties der Hochschule, Dinnerparties, Tanztreff, Gymnastik- und Fitnessgruppen. Ggf. können aber auch Vortragsveranstaltungen u.ä. durchgeführt werden, wenn sie im konzeptionellen Bezug zur Idee des Gesamtgebäudes stehen. Dafür sollte der Raum eine ganz eigene Ästhetik aufweisen, die sich aus einem rohen, nur ansatzweise hergerichteten temporären Erscheinungsbild ergibt.
Parallel zur Herrichtung des Hauptraums wird der Rest des Erdgeschosses saniert. Dabei sind unterschiedliche Formen und Ausstattungsgrade denkbar. Insbesondere sollte wenig zahlungskräftigen Nutzern die Möglichkeit gegeben werden, die außen liegenden Räume im Selbstausbau fertigzustellen. Der derzeitige Ausbauzustand des Gebäudes, der im Haupttrakt durch einen Mittelflur getrennte gleichartige größere Räume auf der Vorder- und Rückseite aneinanderreiht (zwischenzeitlich als Wohnungen mit variierten Raumgrößen genutzt), sollte dabei im Erdgeschoss beibehalten werden, so dass geringe Herrichtungs- und Ausbaukosten für die zentral angeordneten Sanitärtrakte anfallen.

Dagegen eignen sich die beiden Seitenflügel eher für einen einfachen Umbau mit Einheiten, die bei Bedarf teilweise außen- und innenliegende Räume miteinander kombinieren.

In dieser Phase wird auch eine unaufwendige Sanierung der Außenhaut des Gebäudes angestrebt, die möglichst viele Nutzungsspuren der Vergangenheit erhält und dazu dem historischen Duktus des Gebäudes durch weitgehende Aufarbeitung historischer Teile gerecht wird. Dies wird insbesondere Fenster, Gesimse und Details der Fassade betreffen. Eine energetische Sanierung wird aus Gründen der Denkmalpflege nur in Form einer Innendämmung möglich sein.

Dazu sind umfassende Vorüberlegungen erforderlich, die den Anforderungen an Gebäudeklima, eine Nachhaltigkeit der Sanierung, eine Kostenminimierung und die Authentizität des Gebäudes gerecht wird. Es wird davon ausgegangen, dass deshalb eine eher zurückhaltende energetische Sanierung erfolgt, die vor allem die Fenster ertüchtigt und aufgrund der Größe des Gebäudes zunächst ungenutzte Geschosse als Wärmepuffer optimiert, indem vertikale Wärmeverluste ohne grundsätzliche Eingriffe in die Substanz minimiert werden.

Phase 3: Neubau einer Sporthalle im rückwärtigen Grundstücksteil

Die Sporthalle soll nach Abriss des Rückgebäudes in Leichtbauweise mit überdachtem Anschluss über ein einfaches Foyer an das Kasernengebäude in dessen verlängerter Symmetrieachse errichtet werden, so dass Umkleiden und Nebennutzungen im rückwärtigen Bereich des Kasernentrakts untergebracht werden können. Auf diese Weise wird eine günstige Symbiose zwischen dem bestehenden Gebäude und dem Neubau und damit eine Minimierung der Neubaukosten erreicht, ohne jedoch die Integrität des Denkmals stärker in Frage zu stellen. Mit der Inbetriebnahme der Sporthalle können Nutzungen aus dem Hauptraum im Erdgeschoss dorthin wandern, die eher auf einen vollausgestatteten Raum angewiesen sind. Durch die Einrichtung von Umkleiden und Sanitäranlagen im Kasernengebäude erweitern sich allerdings auch die Nutzungsmöglichkeiten des Hauptraums. Im Idealfall sollte der Bau der Sporthalle als experimentelles, wettbewerbsähnliches Verfahren gestaltet werden, in das neben der Stadt auch sächsische Hochschulen und junge Architektenteams eingebunden sind und bei dem kosten- und energiesparende Technologien erprobt werden. Für den Schulsport des Schliebenschulzentrums, für Hochschul- und Vereinssport besteht dringender Bedarf.

Phase 4: Sanierung und Inbetriebnahme des 1. Obergeschosses

Der Ausbau des 1. Obergeschosses kann erst vor dem Hintergrund einer stabilisierten Management- und Finanzierungssituation erfolgen. In diesem Zuge sollen auch grundrissverändernde Umbauten durchgeführt werden, die zu einer Herstellung sinnvoller Nutzungseinheiten dienen. Dazu gilt es, dezentrale Sanitäreinrichtungen herzustellen und ggf. Räume der Vorder- und der Rückseite des Gebäudes so miteinander zu kombinieren, dass abgeschlossene Einheiten mit sinnvoller Anbindung an die vorhandenen Treppenhäuser entstehen. Diese müssen für die Inbetriebnahme hergerichtet werden. Angesichts der guten Ausstattung wird davon ausgegangen, dass dazu eine möglichst weitgehend substanzsichernde Erneuerung reichen wird und keine zusätzlichen Treppenhäuser eingebaut werden müssen. Im Gegensatz zur Erdgeschossnutzung ist nun allerdings dem Brandschutz mit Fluchtwegen Rechnung zu tragen.

Als Infrastruktur für die flexible Nutzung durch Gründer, Co-Working-Räume u.ä. wird nunmehr eine leistungsfähige Internet- und W-Lan-Anbindung geschaffen.

Phase 5: Sanierung und Inbetriebnahme weiterer Teile

Die Inbetriebnahme weiterer Teile kann flexibel je nach Bedürfnissen für eine Erweiterung durch die Nutzer der unteren Geschosse erfolgen. In den ersten Phasen wird allerdings aktiv nach Nutzern für größere Teile der Obergeschosse gesucht. Insbesondere sollen dazu Gespräche mit öffentlichen Einrichtungen und gemeinnützigen Betreibern geführt werden. Bis zum Ausbau der oberen Geschosse können diese bei Bedarf ohne größeren Ausbauaufwand als Lagerräume individuell vermietet werden, wenn Treppenhauszugänge geschaffen sind und die Zugänglichkeit der Räume gesichert ist.

Finanzierungsbeiträge

Für die Finanzierung der Sanierung soll bei Aufnahme des Projekts in die Nationalen Projekte der Stadtentwicklung nach Möglichkeit ein Zuschuss durch den Bund zur Verfügung stehen. Eine Sicherheit für die Bewilligung des betreffenden Antrags der Stadt gibt es allerdings nicht. Vor diesem Hintergrund ist eine Finanzierungskonzeption zu entwickeln, die eine Revitalisierung auch ohne diesen ermöglicht.

Die Sicherung und Sanierung soll daher über Zuschüsse der sächsischen Denkmalpflege, eine intensive Spenden- und Crowdfunding-Kampagne, Privat- und Bankdarlehen, Fördermittel von Stiftungen sowie Eigenleistungen von freiwilligen Helfern gewährleistet werden.
Durch eine Bewerbung bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) soll versucht werden, weitere Mittel für die Sanierung einzuwerben. Das Gebäude weist insofern gute Chancen auf, als Kasernengebäude aus dieser Zeit in Sachsen und darüber hinaus äußerst selten sind und in ihrer Opulenz gegenüber späteren Kasernentypen einzigartig und äußerst fotogen scheinen. Sie stellen damit für die DSD eine Möglichkeit dar, durch den Einsatz für einen in der Denkmalpflege ungewöhnlichen Gebäudetypus mit überregionaler Ausstrahlungswirkung einen Beitrag zur Vermittlung der kulturellen Bedeutung von Denkmalpflege zu leisten.
Als wesentlicher Nutzungsbaustein spielt der langfristig gesicherte Betrieb einer an die Stadt vermieteten, im hinteren Grundstücksteil neu zu errichtenden Sporthalle eine wichtige Rolle. Die so erzielten Einnahmen leisten einen mittel- bis langfristigen Beitrag zur Stabilität der trägerschaftlichen Konstruktion.
Weitere Einnahmen sollen durch die Vermietung des zentralen Erdgeschosstrakts erzielt und die weitere Vergabe von Nutzungseinheiten an einzelne Nutzer erzielt werden.
Sobald größere Einheiten in den Obergeschossen an öffentliche, größere gemeinnützige oder private Mieter vergeben werden können, werden durch diese weitere Einnahmen generiert.

( dieser Text wurde federführend von Prof Altrock aufgestellt. Präsentiert wurde er wie unten dargestellt )

Dieses Konzept wurde im Januar 2017 durch folgende Gruppierungen erarbeitet:

– Stadtforum Zittau
– Freundeskreis Mandaukaserne
– Bürgerinitiative „Bessere Mitte“

…………………………………………………. Thomas Göttsberger, Stadtforum Zittau